Wissenswertes
Hier finden Sie in kurzen, übersichtlichen Artikeln Wissen zu Reiter, Pferd und Reiten.
„Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen“ (§1 Tierschutzgesetz)
02.05.2021
Jedes Tier hat Grundbedürfnisse, welche sich aus seiner Physiologie (Lebensvorgänge) und Instinkten heraus, ergeben. Die Grundbedürfnisse des Pferdes dienen dazu den Organismus aufrecht zu erhalten. Erst wenn alle Grundbedürfnisse erfüllt sind, können wir Arbeit/ Leistung vom Pferd fordern, welche seinem Können und Wesen entsprechen. Alles andere würde dem Wohlergehen des Pferdes auf physischer Ebene (verfrühter Verschleiß), psychischer Ebene (Übersprungshandlungen) und sozialer Ebene (gestörte Sozialisation) schaden. Die Erfüllung der Grundbedürfnisse unserer Pferde ist aktiver Tierschutz und gelebte Tierliebe. Das heißt für uns Pferdehalter: artgerechte Lebensbedingungen und eine Vertrauensbasis zu dem Menschen, sind Grundvoraussetzungen für die Entfaltung der Veranlagungen unseres Pferdes. (bmel. Tierschutz im Pferdesport – Leitlinien zum Umgang mit und Nutzung von Pferde unter Tierschutzgesichtspunkten 2020. S. 6 und 11)
Voraussetzungen, um dem Pferd ein artgerechtes Leben zu bieten, damit es sich mit uns entwickeln und entfalten kann, ist das Wissen über Bedürfnisse, Eigenschaften sowie das Wesen des Pferdes. (FN – Richtlinien Reiten und Fahren, Band 1)
Um etwas mehr über das Tier Pferd zu erfahren und gewisse Verhaltenweisen im alltäglichen Umgang mit dem Pferd besser zu verstehen, wird hier in nächster Zeit jeden Sonntag ein kleiner Artikel über die Grundbedürfnisse unserer Pferde erscheinen.
Den Anfang macht der erste Teil zur artgerechten Füttung am nächsten Sonntag.
Bis dahin!
Euer PferdeKu´n´St und Wissenschaft Team
Quellen:
bmel. Tierschutz im Pferdesport – Leitlinien zum Umgang mit und Nutzung von Pferde unter Tierschutzgesichtspunkten 2020. S. 6 und 11
FN – Richtlinien Reiten und Fahren, Band 1
Sozialkontakte
Teil 1: das Leben in der Gruppe
06.06.2021
Ein weiteres Grundbedürfniss unserer Pferde ist das Bedürfniss nach Sozialkontakten.
Unter Sozialkontakten versteht man den Kontakt über Sehen, Riechen, Höhren und Fühlen mit anderen Artgenossen. Andere Tierarten oder gar der Mensch sind kein artgerechter Ersatz.
Aber warum ist der Kontakt zu anderen Pferden für unsere Pferde so wichtig?
Pferde sind Beutetiere. Sie leben seit jeher in Gruppen oder Familienverbänden um ein besseres Überleben der Art zu sichern. In einer Gruppe oder Familie übernimmt jeder eine Aufgabe. Ruhen die einen, sind die anderen wachsam und anders herum. Außerdem wird der Nachwuchs in einer Familie von allen Mitgliedern geschützt und teilweise mitversorgt. Das führt zu einer Effektivierung der Gruppenabläufe, was wiederum den Erhalt der Art sichert. (V. Gabor: Mensch und Pferd auf Augenhöhe- pferdegerecht kommunizieren. Müller- Rüschlikon Verlag, 2017, S. 91.).
Um in der Gruppe oder Familie überleben zu können, ist eine Rangordnung von nöten, welche eine klare Kommunikation gewährleistet. Die Rangordnung legt fest, welches Pferd welche Stellung in der Gemeinschaft einnimmt. Jedoch strukturiert sie sich nicht unbedingt linear, sondern erfolgt auch in Dreiecksbeziehungen. Da aus Familienverbänden die 1- 4 jährigen Junghengste kontinuierlich vom Leithengst vertrieben werden und Jungstuten sich anderen Familienverbänden anschließen, verändert sich die Zusammensetzung der Verbände stetig. Auch Gruppen von Junghengsten sind nicht fest in ihren Mitgleidern. Dadurch werden die vorherrschenden Verhältnisse immer wieder von den Mitgliedern überprüft und durchaus die Rangordnung verändert. Wenn jedoch die Rangordnung festgelegt ist, reichen Toleranz, Meiden und Drohgebärden aus, um sie aufrecht zuerhalten, somit werden körperlich ernsthafte Auseindersetzungen vermieden (Westphal 2006;Schöning 2008; Zeitler-Feicht 2008b), (V. Gabor: Mensch und Pferd auf Augenhöhe- pferdegerecht kommunizieren. Müller- Rüschlikon Verlag, 2017, S. 91.). Innerhalb der Gruppe oder der Familie prägen sich Freundschaften zwischen Einzeltieren aus. Diese sind gekennzeichnet durch Nähe und gehäuften Körperkontakt. Eine Freundschaft zwischen zwei Pferden kann über viele Jahre hinweg anhalten. Selbst eine räumliche und zeitliche Trennung der befreundeten Pferde gefährdet die soziale Beziehung nicht.
Die Familie oder Gruppe bietet dem Pferd Schutz und damit Entspanntheit. Im Verband werden angeborene Verhaltensweisen geübt und ausgebaut, damit das Überleben gesichert wird.
Das Bedürfniss nach Sozialkontakten ist dem Pferd angeboren und hat sich auch nach über 5000 Jahren Domestizierung nicht verändert.
Schöning, B. (2008): Pferdeverhalten. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart
Vivian Gabor: Mensch und Pferd auf Augenhöhe- pferdegerecht kommunizieren. Müller- Rüschlikon Verlag, 2017, S. 91.
Westphal, M. (2006): Kampfvermeidendes Verhalten von Reitpferden in
Offenstallen unter besonderer Berucksichtigung von Beschwichtigungsgesten.
Diplomarbeit, Weihenstephan
Zeitler-Feicht, M.H. (2008b): Pferdeverhalten. Pferdehaltung. Hrsg.:
Pirkelmann, H.. Eugen Ulmer Verlag, Stuttgart
Langes Bein, kurzes Bein der Unterschied ist fließend- oder nicht?
13.12.2020
Die Disziplin und oft die Formung des Sattels bestimmen, ob der Steigbügel lang („Dressurbein“) oder kurz („Springsitz“) eingeschnallt wird. Außer Acht gelassen wird jedoch die Fähigkeit des Reiters das „lange“ oder „kurze“ Bein auch in der Fortbewegung des Pferdes korrekt zu halten, ohne zu „schummeln“. Denn es gibt Kriterien, die jeder Mensch mitbringt, Kriterien die zeigen, dass mehr der eine oder andere Sitz möglich ist, unabhängig, ob einem diese Disziplin nun liegt. So wie der Basketball Spieler im Durchschnitt eine Mindestkörpergröße habe sollte um wettbewerbsfähig zu sein, muss auch der „Dressurreiter“ oder „Springreiter“ bestimmte und vor allem unterschiedliche Voraussetzungen für den Sitz mitbringen. Wer diese nicht hat, wird weniger resilient gegenüber Verletzungen sein und hat einen Wettbewerbsnachteil.
Welche Kriterien es sind erfahrt Ihr HIER:
Für den Dressursitz mit dem langen, weit vom Körperzentrum entfernten Bein ist eine sehr gute Spannung der Bauchmuskulatur von Nöten, ebenso wie eine sehr gute Anspannungsfähgkeit des mittleren Po Muskels (M.glutaeus medius), der wenn gut trainiert, den vielseits gedehnten Hüftbeuger „aktiv hemmt“.
Für den in mehr Hüftbeugung erfolgenden Springsitz ist die Hüfthocke entscheidend, eine Übung die mit parallel auf dem Boden stehenden, flachen Füßen erfolgt, im Idealfall ohne sich festzuhalten. Dieses Ausmaß an Beweglichkeit ist nicht untertrieben, über dem Sprung muss ein Winkel von bis zu 120- 130 Grad erfolgen, dabei das Bein am Pferdebauch bleiben, parallel zum Boden. Verbreitet ist in dieser Phase, dass die Ferse sich dem Reitergesäß annähert, eine Haltung die nicht in den Richtlinien steht und ein großes Defizit in der Hüftbeweglichkeit offenbart….
Der Vorteil in einer „Zwischenhöhe“ der Steigbügel ist die, dass mangelhaft arbeitende Bauchmuskulatur und zu geringe (qualitativ) Hüftbeugung kompensiert werden kann und ein Training ermöglicht. Zu oft wird jedoch ein bestimmtes Bein vorausgesetzt, was oft muskulär vom Reiter nicht gehalten werden kann, dies sollte man in der Wahl der Ausrüstung bedenken (Reiten nur mit Pad, ohne Bügel, bzw. mit zu langen Steigbügeln).
Das Bein des Reiters, die Muskulatur, die dafür benötigt wird, ist nicht sofort verfügbar, sondern muss trainiert werden,
wie, das erfahrt Ihr HIER: